Pietro Paltronieri Pietro Paltronieri

Pietro Paltronieri

1673 Mirandola / Emilia Romagna – 1741 Bologna, Umkreis

« Paar Capricci »

Tempera auf Leinwand in originalen Rahmen.
Maße: 63 cm hoch, 74 cm breit

Architekturperspektiven, vor allem solche mit antiken Ruinen, kamen in der italienischen Kunst des 18. Jahrhunderts auf. Für sie wurde, wann und wie ist nicht genau überliefert, der Begriff Capriccio eingeführt, was übersetzt so viel wie „Laune” oder „Grille” bedeutet und seitdem phantasievolle Idealveduten oder fiktive Landschaftsbilder aus imaginären, oft verfallenen Architekturen bezeichnet. Bei dem Capriccio kommt es in seiner künstlerischen Aussage zunächst einmal auf die Originalität, die Ursprünglichkeit der „invenzione” an, wobei es dem Betrachter überlassen ist, die „Idee“ des Kunstwerkes zu erkennen, was stets ein gewisses Bildungswissen voraussetzt.

Zu den Schöpfern solcher Capricci gehörte auch der 1673 in Mirandola in der Emilia Romagna geborene Pietro Paltronieri, der mit dem Beinamen „Il Mirandolese dalle Prospettive”, der Mirandoleser der Perspektiven, Geschichte schrieb. Dieses Capriccio-Paar weist aufgrund stilistischer Übereinstimmungen eben auf den Umkreis von Pietro Paltronieri, der hauptsächlich in Bologna aktiv war, aber auch in anderen ober- und norditalienischen Städten, ja sogar nördlich der Alpen in Wien nachweisbar ist und eine weit verstreute Sammlerschaft besaß. Dieses Capriccio-Paar deutet mit seiner überwiegend hellen Farbpalette, dem flüchtigen Duktus und der zurückgenommenen, reduzierten Figurenstaffage auf eine Adaption des reifen Stils des Künstlers. Für den Umkreis Paltronieris´ spricht außerdem, auch wenn es hier sehr dezent im Hintergrund geschieht, das Zitieren des Mittelalterthemas durch die für diese Epoche typischen Geschlechtertürme hinter den römisch-antiken Details im Vordergrund. Auch Reales und Fiktives steht in dem für den Künstler typischen „heterogenen” kompositorischen Mischungsverhältnis: Wird im Vordergrund etwa konkret, wie es an dem Bewegungsmotiv ablesbar ist, die berühmte Reiterstatue des Marc Aurel zitiert, verläuft sich der Prospekt nach hinten in eine Bühne mit anonymen Tempelfragmenten. Auch die Dramaturgie der beiden Capricci steht stark im Wirkungsfeld von Pietro Paltroniero, die einer Staffelung von vorderen, dunkleren architektonischen Details folgt, die den optischen Rahmen für die Hintergrundlandschaften im Licht des Südens bilden.

Literatur:
Vgl. L ´Arte – Rivista de storia dell´Arte medioevale e moderna e d´arte decorativa, 16, Rom, 1913, dort: Le Rovine Romane nella Pittura de XVII e XVIII secolo, S. 112- 130; Studi di Storia dell´Arte in onore di Mina Gregori, Milano 1994, dort: Maria Cristina Bandera, Aggiunte al Mirandolese, S. 308-311; Per l´Arte, da Venezia all´Europa – Studi in onore di Guiseppe Maria Pilo, dort: Maria Cristina Bandera, Due Tempere del Mirandolese, S. 491 – 497.


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